Hausfliesenbruch - Dekanat Wiesbaden

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Hinter jeder Kachel steckt ein Schicksal


Wohnungslose haben 15 mal 15 Zentimeter große Fliesen bemalt – begleitet von der Kunsttherapeutin Theresa Kreuzmann. Die Fliesen wurden im vergangenen Jahr in der Kreuzkirche öffentlich ausgestellt, jetzt werden sie an Wiesbadener Häuserfassaden dauerhaft aufgehängt. Es wurden rund 30 Patinnen und Paten gefunden, die ihre Hauswände für die Kunstwerke zur Verfügung stellen.

Markus Meißner ist stolz: Seine künstlerisch gestaltete Fliese hängt jetzt für alle sichtbar an der Außenwand von Tillys Café Walz am Kaiser-Friedrich-Ring 12. Der 39-Jährige hat in Wiesbaden lange auf der Straße gelebt und im vergangenen Jahr an dem Projekt „Hausfliesenbruch“ teilgenommen.

Das soziale Kunstprojekt, unterstützt vom Stiftungsfond DiaCasa der Stiftung Diakonie Hessen, ist eine Kooperation zwischen der Wohnungsnotfallhilfe des Diakonischen Werk Wiesbaden, dem Evangelischen Dekanat und der Kreuzkirchengemeinde. Es will Menschen, die auf der Straße leben, Teilhabe an der Mitgestaltung des öffentlichen Raums ermöglichen.

Die Patenschaft für Markus Meißners Fliese haben Tobias Schütze und Heidi Stockhausen übernommen, die Geschäftsführer von Tillys Café Walz. Beide haben eine besondere Beziehung zu Markus Meißner. Vor vier Jahren übernachtete Meißner auf einer Parkbank gegenüber des Cafés. Heidi Stockhausen bat ihn herein und machte ihm ein Frühstück. Der Kontakt, der daraus entstand, hält bis heute, deswegen war die Patenschaft für die beiden Cafébetreiber eine Selbstverständlichkeit.

Entstanden ist aus dem Kontakt auch ein sogenanntes Spendierbrett im Café Walz: Wer hier zu Gast ist, kann jemandem ein Kaffee oder ein Stück Kuchen spendieren und den bezahlten Bon an dieses Brett hängen. Für Heidi Stockhausen ist all das eine Selbstverständlichkeit: „Wir sitzen doch alle im gleichen Boot – egal ob arm oder reich. Ich lasse doch niemanden auf der Parkbank frieren.“

Für Markus Meißner, der mittlerweile in einer Einrichtung der Diakonie wohnt, ist das Projekt „Hausfliesenbruch“ eine besondere Wertschätzung: „Ich freue mich total, dass meine Kachel hier jetzt für alle sichtbar hängt“, sagt der 39-Jährige.

Die vielen Kreise und Dreiecke, die er in unterschiedlichen Farben auf die kleine Fliese gemalt hat, sollen das Chaos in der Welt und in jedem Menschen symbolisieren, erklärt er und fügt hinzu: „Das Chaos hat ja auch meinen Lebensweg geprägt.“ Neben jeder Fliese ist ein QR-Code angebracht. Wer den aufruft, gelangt an Informationen und an persönliche Botschaften des jeweiligen Künstlers, der jeweiligen Künstlerin.
 
Matthias Lutz, Bereichsleiter Wohnhilfen im Diakonisches Werk, freut sich, dass das Projekt so erfolgreich ist: „Menschen, die im öffentlichen Raum leben, werden oft gar nicht wahrgenommen. Ihr Leben ist geprägt von sozialer Entbehrung, Ungewissheit, von Ängsten und Stigmatisierungen. Dass diese Menschen plötzlich merken, da interessiert sich jemand für mich – das ist wunderbar und hat auch noch eine politische Dimension: nämlich, dass die Themen Armut und Wohnungslosigkeit öffentlich sichtbar werden.“
 
Umso mehr freut es ihn, dass neben Tillys Café Walz und der Ringkirchengemeinde auch Sozialdezernent Christoph Manjura die Patenschaft für eine Fliese übernommen hat – am Haus der Wohnungswirtschaft.

Manjura betont, dass sich für ihn eine solidarische Stadtgesellschaft im Hinblick auf die Wohnungs- und Obdachlosenhilfen einerseits durch gute und ausreichende Angebote sozialer Arbeit durch die Stadt und freie Träger wie dem Diakonischen Werk auszeichne und andererseits durch eine aufmerksame Zivilgesellschaft.
„Gerade das Projekt Hausfliesenbruch steht beispielhaft für das Ineinandergreifen dieser beiden Ebenen“, so der Sozialdezernent. „Dafür bedanke ich mich ganz herzlich bei allen Beteiligten.“

Für Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Stiftungsfonds DiaCasa ist klar: „Wir haben als Stiftungsfonds DiaCasa das Projekt sehr gerne unterstützt, weil Kunst im öffentlichen Raum besonders gut dafür geeignet ist, auf das Problem Obdachlosigkeit, dass es in einem reichen Land wie Deutschland gar nicht geben sollte, aufmerksam zu machen, insbesondere auch weil die Fliesen von Betroffenen selbst gestaltet wurden und an vielen Orten in Wiesbaden zu sehen sind."

Zu den Kunstobjekten
"Wohnungslose sind geliebte Geschöpfe Gottes": Interview mit Pfarrer Ralf Schmidt

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