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Musik

Ein ganz besonderes Tasteninstrument

© A. WagenknechtKirchenmusiker Andreas Karthäuser spielt auf seinem Harmonium

Das Harmonium kann ein riesiges Spektrum an Klangfarben und Tonlagen erzeugen. „Es klingt wie eine Mischung aus Akkordeon und Orgel“, sagt der Wiesbadener Kirchenmusiker Andreas Karthäuser. Er ist einer von wenigen Musikern in Deutschland, die das Kunstharmonium spielen können. Im Interview erzählt er, was ihn an diesem Instrument fasziniert:

Nur wenige kennen dieses Instrument, dennoch erlangte es in diesem Jahr ungeahnten Ruhm: Der deutsche Filmkomponist Peter Bertelmann hat auf einem alten Harmonium die Musik zur Neuverfilmung von Erich Maria Remarques Klassiker „Im Westen nichts Neues“ komponiert – und erhielt dafür im Frühjahr den Oscar.

Wer den Film gesehen hat, dem bleibt der unmenschlich fast elektronisch anmutende Klang des Harmoniums als Sound des Krieges in Erinnerung.

Damit wird man dem Instrument aber keineswegs gerecht, denn das Spektrum an Klangfarben und Tonlagen, die das Harmonium erzeugen kann, ist riesig. „Es klingt wie eine Mischung aus Akkordeon und Orgel“, sagt der Wiesbadener Kirchenmusiker Andreas Karthäuser. Er ist einer von wenigen Musikern in Deutschland, die das Kunstharmonium, ein sogenanntes Druckwindharmonium, spielen können und gleich zwei der historischen Instrumente besitzt.

Das Harmonium hat eine Klaviertastatur, funktioniert aber mit Luft. Den sogenannten Wind für den Ton erzeugt der Harmoniumspieler mit zwei Fußpedalen, den sogenannten „Tretschemeln“. Die Lautstärke des Tons lässt sich durch die Veränderung des Luftdrucks beeinflussen. Die Balance wird über zwei Klappen unter dem Spieltisch geregelt, die mit den Knien bedient werden.

Das Harmonium kann, etwa im Unterschied zur Orgel, einen Ton an- und abschwellen lassen. „Das Druckwindharmonium ist klanglich sehr variabel und hat eine beeindruckende Klangfülle“, findet Andreas Karthäuser. 

Das Druckwindharmonium wurde um 1840 herum in Frankreich erfunden und verbreitete sich ab 1860 nicht nur in den Salons wohlhabender Bürger, sondern auch in Kirchen als Ersatz für die Chororgel. Sein einfacheres Nachfolge-Instrument, nämlich das sogenannte Saugwindharmonium war gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland so beliebt, dass es nicht nur in Kirchen, Andachtsräumen oder Privathäusern einen Platz fand, sondern sogar in Salonorchestern und Konzertsälen zum Einsatz kam.

Das Instrument ist relativ schwierig zu spielen. Dafür wird man durch einen sehr haptisch anmutenden Klang belohnt, so Karthäuser, der unter anderem an der Wiesbadener Kreuzkirche und in der Rheigau-Gemeinde Triangelis (Eltville, Erbach und Kiedrich) Kirchenmusiker ist. Es sei natürlich hilfreich, wenn man bereits Orgel spielen könne. 

Das französische Harmonium inspirierte Komponisten wie George Bizet, Camille Saint-Saëns, und Alexandre Guilmant zu ausdrucksstarken Kompositionen. „Schluss- und auch Höhepunkt der Harmonium-Kompositionen waren sicherlich die wunderbaren Werke von Sigfrid Karg-Elert“, so Karthäuser. Ein Klassiker sei aber der Einsatz bei Rossinis Petite Messe Solennelle.

Der Wiesbadener Musiker besitzt zwei Harmoniums, beide stammen aus den 1880er-Jahren: ein Trayser-5-Spiel-Harmonium und ein Mustel-Kunstharmonium. Karthäusers Leidenschaft begann mit einem Harmonium-Kurs in Paris, organisiert durch Michael Grüber von organpromotion.de, an dem er eher zufällig teilnahm.

Die Faszination für das Instrument, das bereits sein Großvater spielen konnte, riss nie ab: „Es macht wahnsinnig Spaß, das Harmonium zu spielen. Und ich finde es faszinierend, wie raffiniert und logisch es aufgebaut ist.“

Für Konzerte lässt er das Harmonium von einer Spezialfirma abholen und in den entsprechenden Kirchen aufstellen. Erst im Juni ist er mit dem Violoncellisten Stephan Breith in der Kreuzkirche aufgetreten. Ältere Menschen, die in Karthäusers Konzerte kommen, können sich an den Harmonium-Klang aus ihrer Jugend häufig noch erinnern. Manchmal merke er, dass Menschen vom Klang plötzlich sehr ergriffen sind: „Das Harmonium klingt so original romantisch, das kann bis heute kein elektronisches Instrument nachahmen.“

Das nächste Konzert, in dem man Andreas Karthäuser am Kunstharmonium erleben kann, ist am Samstag, 9. Dezember, um 19.30 Uhr in der Ringkirche mit dem Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns.

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