Gespräch
Eine sinnhafte Antwort auf den Tod finden
© Andrea Wagenknecht
22.10.2021
aw
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„Mit dem Tod versöhnen“ ist Walter Kohls Vortrag betitelt. Eingeladen wurde er von der Wiesbadener Stadtkirchenpfarrerin Annette Majewski. Kohl spricht an diesem Abend auch in seiner Funktion als Schirmherr des Frankfurter Netzwerks für Suizidprävention, in dem er sich seit Jahren engagiert. Er verzichtet deswegen auch auf ein Honorar für den Abend, Spenden am Ausgang fließen komplett in die Arbeit der Suizidprävention.
Es berührt schon, wenn ein Mensch, dessen Familientragödie vor den Augen der ganzen Nation ausgetragen wurde, sich in der Öffentlichkeit jetzt so ehrlich und nahbar zeigt.
Kohls persönlicher Weg aus seiner seelischen Krise ist aber dann doch schnell erzählt: Nicht nach dem ‚Warum‘ fragen, sondern das Leben wieder gestalten, ihm wieder einen Sinn geben – diese Einsicht habe maßgeblich zu seinem inneren Frieden beigetragen, so Kohl.
Ein Schlüsselerlebnis am Grab seiner Mutter hätte ihm dabei die Augen geöffnet: „Ich fragte mich damals: Will meine Mutter, dass ich unter ihrem Tod leide? Nein. Sie will, dass ich mein Leben gestalte.“
Vor allem der Philosoph Viktor Frankl habe ihm wichtige Hinweise in seinen Schriften gegeben. „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ sei ein fantastisches Buch von Frankl, findet der 56-Jährige. Der zweite wichtige Impuls war die Beschäftigung mit philosophischen Gedanken, allen voran dem Stoiker Seneca. Der dritte Eckpfeiler war die Wiederentdeckung des christlichen Glaubens, auch wenn er mit der katholischen Amtskirche bis heute hadere.
Dass er heute auf öffentlichen Bühnen über den Tod seiner Mutter sprechen könne, dass er sich in der Suizidprävention und der Depressionshilfe engagiere und andere Menschen stärke, habe ihm gezeigt: „Wir können dem Tod nicht ausweichen, aber wir können eine sinnhafte Antwort auf ihn finden.“ Walter Kohl hat sie gefunden.
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