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Rechtliche Gleichstellung

„Mutige Schritte“

© Anja Baumgart-PietschDie stellvertertende Kirchenpäsidentin Ulrike Scherf in der Erlösergemeinde im Sauerland

Es ist tatsächlich gerade mal 50 Jahre her, dass die erste Pfarrerin in Hessen ihren männlichen Kollegen vollkommen gleichgestellt wurde. Bis dahin fanden sich in amtlichen Mitteilungen Sätze wie: „Pfarrerin Sibylle Michel ist kraft Kirchengesetz durch ihre Eheschließung aus dem Dienst der Evangelischen Kirche ausgeschieden. Sie erlangt damit die Rechtsstellung eines Pfarrers im Ruhestand.“


Theologie konnten sie studieren, Vikarin werden – aber „echte“ Pfarrerinnen konnten sie nur so lange sein, wie sie unverheiratet waren. Dafür gab es regelrechte Zölibatsklauseln – nicht nur in der Kirche, sondern auch im Beamtenrecht. Begründung: Die Aufgaben einer Hausfrau und Mutter seien nicht mit einem anderen Beruf vereinbar.

Frauen kämpften bereits lange vor 1971 für ihre Rechte in der Kirche. Als erster Pionierin gelang es aber erst Eveline Clotz, die im Wiesbadener Sauerland in der Erlösergemeinde als Erste auf Lebenszeit verbeamtet wurde. Ab diesem Zeitpunkt wurden alle Vorschriften in der EKHN endlich geschlechtsunabhängig.

Die Erlösergemeinde gibt es noch heute, sie habe Eveline Clotz viel zu verdanken, sagte Pfarrerin Katharina Wegner beim Gottesdienst zu diesem wichtigen Jubiläum. Schon damals habe Eveline Clotz in der früheren Obdachlosensiedlung die Ärmel tatkräftig hochgekrempelt und sich an der noch heute starken diakonischen Ausrichtung der Gemeinde beteiligt.
Für die vielen Kinder in den Wohnblöcken organisierte sie Hausaufgabenhilfe, für die Familien Sozialarbeit – unterstützt durch die Stadt Wiesbaden – und nach wenigen Jahren hatte sie ein Sozialzentrum mit großem Budget geschaffen. Das „KBS“ – Kinder- und Beratungszentrum Sauerland – gibt es noch heute.

Eveline Clotz und ihr Ehemann Paul Martin, der ebenfalls Pfarrer war und ebenso „Geschichte schrieb“, indem er Kindererziehungszeit nahm, ließen grüßen, konnten aus gesundheitlichen Gründen aber nicht an dem Gottesdienst vor der Kirche teilnehmen. So prangte ein Foto von Eveline Clotz an der Kanzel, an der neben Pfarrerin Wegner auch die stellvertretende Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf die Pionierin würdigte.

Ordiniert wurde Clotz bereits 1969 mit einem extra für sie geschaffenen Gesetz. Die Verbeamtung als vollständige Gleichstellung erfolgte dann am 1. August 1971, also exakt vor 50 Jahren.

„Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?“ zitierte Ulrike Scherf den Philosophen Richard David Precht. Eveline Clotz und viele andere Frauen hätten die Berufung gespürt, Pfarrerin zu werden, wollten aber nicht, wie es ihnen abverlangt wurde, auf andere Rollen verzichten.

„Vor Gott sollten zwar alle gleich sein, in der Gesellschaft war dies aber nicht verwirklicht.“ Durch ihre Beharrlichkeit, ihren Mut und ihren Einsatz habe sie die Türen für viele andere Frauen geöffnet. „Heute ist das total normal, damals revolutionär“, sagte Scherf.

Die EKHN sei dafür „belächelt bis beschimpft“ worden.  Eindrucksvoll wird das auch noch einmal in der von den Pfarrerinnen Anita Gimble-Blänkle und Simone Mantei konzipierten Ausstellung „Mutige Schritte“ deutlich. Auf 14 Roll-ups dokumentieren sie die Hürden, die den Frauen in den Weg gelegt wurden und würdigen die Leistungen der Pionierinnen.

Die Gleichstellung wird gefeiert:
Die Evangelische Erlösergemeinde Wiesbaden-Sauerland feiert das Jubiläum mit Gottesdiensten: Sonntag, 8. August, 10 Uhr, wird Pfarrerin Katharina Wegner sich mit der Prophetin Hulda (2. Könige 22) beschäftigen. Am Sonntag, 22. August, 10 Uhr, wird Pfarrerin Clarissa Graz das Gleichnis von der bittenden Witwe (Lukas 18) zum Gottesdienst-Thema machen.
Die Ausstellung, zu der auch ein gleichnamiges Buch erschienen ist, ist noch bis Ende August in der Erlöserkirche zu sehen (geöffnet nach den Gottesdiensten oder auf Anfrage im Gemeindebüro unter 0611 - 421175).

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