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Interview

Fleischkonsum und Klimaschutz: "Jeder kann etwas beitragen"

Die Domäne Mechthildshausen in Erbenheim ist ein zertifizierter Bioland Betrieb und der landwirtschaftliche Teil der Wiesbadener Jugendwerkstatt gGmbH (WJW). Geschäftsführer Werner Backes spricht im Interview über Tierwohl, Fleischverarbeitung und die Auswirkungen auf den Klimawandel:

© wjwGeschäftsführer Werner Backes


Die Fleischproduktion trägt erheblich zum weltweiten CO2-Ausstoß bei. Wie arbeitet ein kleiner Bio-Betrieb wie Ihrer? Und was trägt er zum Klimaschutz bei?
Werner Backes: Unsere Tiere werden überwiegend vor Ort im eigenen Betrieb geschlachtet, das Fleisch wird in der eigenen Metzgerei verarbeitet und direkt verkauft oder in unserer Gastronomie verwendet. Das heißt: Wir müssen weder die lebenden Tiere noch das Fleisch quer durch Deutschland oder Europa fahren.
Hinzu kommt, dass wir einen Großteil der Futtermittel selbst anbauen. Hier und da kaufen wir noch Heu von regionalen Bauern dazu – aber auch da sparen wir CO2, weil wir das Futter nicht hunderte Kilometer weit transportieren müssen. Außerdem werden für unsere Tiere keine Regenwälder abgeholzt, auf denen etwa Soja für das Futter wächst.


Stammt Ihr Fleisch also von glücklichen Kühen?

Zumindest sind die Tiere auf unseren Weiden groß geworden, und wir versuchen, sie so artgerecht wie möglich zu halten.
Als zertifizierter Bioland-Betrieb haben wir klare Vorgaben, wie groß Weideflächen und Ställe sind und was gefüttert wird. Das wird auch regelmäßig geprüft. Die Kuhställe kann man bei uns sehen, die sind offen. Bei den Schweineställen ist das aus hygienischen Gründen nicht zugelassen.
Wir ersparen den Tieren darüber hinaus den Transport zum Schlachthof, und wir töten nicht am Fließband, wie das in den großen Schlachthöfen üblich ist. Bei uns werden vielleicht ein, zwei, Rinder am Tag geschlachtet. Ich finde schon, dass den Tieren auf diese Weise viel Stress erspart bleibt.


Dass man Tiere und Ställe sehen kann, ist Teil ihres Konzeptes auf der Domäne. Trägt die Entfremdung vom Tier und das fehlende Wissen über den Weg des Fleisches zum hohen Fleischkonsum bei?
Das ist sicherlich ein Aspekt, und wir sind deswegen froh, dass wir es oft erleben – oder vor der Pandemie erlebt haben – dass Eltern ihren Kindern auf unserem Gelände genau das erklären und zeigen.
Darüber hinaus merken wir bei unserem Bio-Fleischverkauf immer einen deutlich höheren Umsatz, wenn die Medien über sogenannte Fleischskandale berichten, etwa der Corona-Ausbruch im vergangenen Jahr bei einem großen Schlachtbetrieb. Und meine Kolleg*innen haben mir berichtet, dass es bei der BSE-Krise damals genauso war. Leider können wir die Kundinnen und Kunden, die wir dadurch neu gewinnen, oft nicht lange halten. Verschwindet das Thema aus den Medien, geht der Umsatz wieder auf den Durchschnittswert zurück.


Welche Rolle spielt der Verbraucher?
Eine große Rolle. Mir liegt es fern, Fleischessen zu einer sozialen Frage zu machen, aber viele Verbraucher sind eben leider nicht bereit, den wirklichen Wert des Lebensmittels Fleisch zu bezahlen. Dieser gesamte Prozess – Aufzucht, Schlachtung, Verarbeitung und Verkauf –, den wir komplett selbst machen, ist bei uns echte Handarbeit und damit aufwendig und kostspielig.
Es ist auch eine gesellschaftliche Aufgabe, darüber aufzuklären, damit man sich nicht an niedrige Fleischpreise gewöhnt. Solange zu Lasten des Tierwohls Dumpingreise für Fleisch möglich sind, ist das schwierig.
Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie etwas beitragen können zum Tierwohl und zum Klimawandel: Jeder sollte bewusst entscheiden, ob es jeden Tag Fleisch zum Essen geben soll.


Was würden Sie sich von der Politik wünschen?

Strengere Vorgaben zur Tierhaltung, verursachergerechte Preise in der Erzeugung, konsequente Förderung von Biohöfen, konsequente Markierung von Fleischprodukten mit einem Hinweis, wie die Tiere gehalten worden sind („Tierwohl-Ampel“).

Das Gespräch führte Andrea Wagenknecht

Im Detail:
Mit dem Bekenntnis zur biologisch-organischen Anbauweise verpflichtet sich der landwirtschaftliche Betrieb der Domäne Mechthildshausen unter anderem zum Verzicht auf den Einsatz mineralischer Düngemittel und setzt keine synthetischen Hilfsmittel in der Schädlings- und Wildkräuterbekämpfung ein. Nach Bioland-Kriterien werden auch die Tiere gehalten. Da Teile des Betriebs derzeit umstrukturiert werden, wird die Zahl von mehreren hundert Rindern bis August dieses Jahres auf 120 Tiere reduziert - zur Hälfte Milchkühe, zur Hälfte Rinder. Im Schweinemastbetrieb sind 600 Schweine. Die Geflügelställe werden derzeit umgebaut, deswegen hat die Domäne übergangsweise kein eigenes Geflügel.

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Zum Klimafasten

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