Wilhelm-Kahl-Preis geht an Waltraud Sonntag

veröffentlicht 31.10.2025, Dekanat Wiesbaden

Der mit 500 Euro dotierte Wilhelm-Kahl-Preis für Mitmenschlichkeit geht in diesem Jahr an Waltraud Sonntag. Das Evangelische Dekanat Wiesbaden zeichnet damit eine Frau aus, die seit Jahrzehnten in ihrem Stadtteil im Sauerland dafür sorgt, dass ein öffentlicher Platz zu einem Ort des Miteinanders wird.

„Für dieses Engagement wollt ihr mich auszeichnen? Ich tue doch nur etwas, das ganz selbstverständlich ist“, habe Waltraud Sonntag gesagt, berichtet Pfarrer Andreas Günther in seiner Laudatio auf der Dekanatssynode. Doch was sie als selbstverständlich empfinde, ist gelebte Nächstenliebe, findet Günther.

Was als Kindheitserinnerung begann, wurde für Waltraud Sonntag zur Lebensaufgabe. Als Zwölfjährige erlebte sie die Eröffnung des Spielplatzes, heute – 60 Jahre später – sorgt sie immer noch dafür, dass er ein lebendiger und sicherer Ort bleibt. Sie sammelt Müll, fegt Glasscherben auf, putzt die Toiletten, achtet darauf, dass Seife und Handtücher vorhanden sind – und vor allem: Sie ist da. Sie öffnet das Toilettenhäuschen, gibt Spielsachen heraus, hört einfach zu, verteilt Pflaster, wo es nötig ist. Und wenn es einmal laut wird, sucht sie lieber das Gespräch mit Jugendlichen, als gleich die Polizei zu rufen.

Neben ihrem Einsatz auf dem Spielplatz war Waltraud Sonntag auch als Bereitschaftspflegemutter tätig. Viele Kinder hat sie für Wochen oder Monate bei sich aufgenommen – und manche kommen Jahre später wieder, um ‚Danke‘ zu sagen.

Pfarrer Günther würdigte sie als „Alltagsheldin“, die mit offenen Augen sieht, wo Hilfe nötig ist. „Sie sind ein Beispiel dafür, wie gut und wie wichtig Menschen sind, die einfach das Kleine tun – das, was direkt vor der Haustür passiert. Nichts, was großes Aufsehen erregt, aber wovon Gesellschaft lebt.“

„Man muss nur die Augen aufmachen, es sehen und tun“, sagt die sichtlich gerührte Waltraud Sonntag. Sie tut es – mit Herz, Beharrlichkeit und einem offenen Blick für ihre Mitmenschen.

Hintergrund: 
Wilhelm Kahl, der Stifter des Preises, stammte aus Wiesbaden-Delkenheim. Er war in der evangelischen Kirchengemeinde und in vielen Vereinen engagiert. Er hat dem Dekanat Wiesbaden nach seinem Tod ein Vermächtnis von 30.000 Euro hinterlassen mit der Auflage, jährlich einen Preis in Höhe von 500 Euro auszuloben für eine Mitbürgerin oder einen Mitbürger, der oder die – unabhängig von Konfession, Religion, Nationalität oder Geschlecht – sich in besonderer Weise sozial engagiert. Der Preis wird seit 2018 jährlich verliehen: Preisträgerinnen und -träger waren unter anderem die Biebricherin Gisela Keßler für jahrzehntelanges Engagement in den Bereichen Frieden und Nachhaltigkeit, der Mediziner Sievert Seebens, der Menschen in der Teestube ärztlich versorgt, und Milena Rossel, die als bisher jüngste Preisträgerin für ihr langjähriges Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit ausgezeichnet wurde.